Wir haben lange gezögert über Blutungen in der Frühschwangerschaft zu schreiben, da es ein schwieriges und sehr emotionales Thema ist.
Blutungen in der Frühschwangerschaft führen zu viel Unsicherheit beim werdenden Mami. Gibt es ein Problem mit der Schwangerschaft? Muss man sich Sorgen um das Baby oder um sich selber machen? Ist es ein Notfall?
Die Antwort dazu ist nicht einfach und kommt auf die jeweilige Situation an. So werden am Telefon bereits viele Fragen gestellt um die Situation einschätzen zu können.
Sind die Blutungen so stark wie während der Menstruation? Schwächer oder eventuell sogar stärker?
Hat die Patientin Unterbauchschmerzen? Wie stark sind diese? Und welcher Art sind diese Schmerzen?
Wurde bereits ein Ultraschall durchgeführt? Entwickelt sich das Kind innerhalb der Gebärmutter? Und hat man auch schon einen Herzschlag festgestellt?
Wie fühlt sich die Patientin? Und zuletzt, kennt die Patientin ihre Blutgruppe?
Die Ursachen von Blutungen in der Frühschwangerschaft sind vielfältig und häufig können wir den genauen Grund leider auch nicht feststellen, sondern können nur eine Vermutung anstellen. In den ersten 12 Wochen ist der Ausgang einer Schwangerschaft noch vollkommen offen. Der Embryo nistet sich ein und beginnt in der Gebärmutter zu wachsen. Ab ca. der 5. SSW können wir erste Anzeichen einer Schwangerschaft im Ultraschall erkennen, zwischen der 6. und 7. SSW fängt das Herz an zu schlagen und in der 8. SSW bilden sich die Organe.
Wie wir bereits in unserem Blogbeitrag über die Trisomien erzählt haben, erkennt die Natur in vielen Fällen früh, dass etwas mit dem sich entwickelnden Leben nicht stimmt und so kann es zu einer Fehlgeburt kommen. Und dies ist wohl eine der grössten Ängste für jede Schwangere.
Die Fehlgeburt. Ein Tabuthema, obwohl jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben damit konfrontiert ist.
Bedeutet demnach eine Blutung in der Frühschwangerschaft, dass es zur Fehlgeburt kommt? Nein, glücklicherweise nicht immer. Auch muss die Blutungsstärke nicht aussagekräftig sein. Bei einer Blutung die stärker als die Menstruation ist und mit Unterbauchschmerzen verbunden ist, ist die Wahrscheinlichkeit zwar sehr hoch, aber auch hier kann es sein, dass mit dem wachsenden Embryo alles in Ordnung ist.
Neben einer drohenden Fehlgeburt kann die Blutung nämlich auch durch ein geplatztes Gefäss in der wachsende Gebärmutter oder des Mutterkuchens verursacht werden. Manchmal bildet sich auch ein kleines Hämatom (Bluterguss). Wenn dieses sich löst, kann es auch zu einer Blutung kommen. Die Blutung muss auch nicht von der Schwangerschaft kommen, sondern kann von einer kleinen „Verletzung“ am Muttermund ausgehen, einer sogenannten Ektopieblutung.
Ganz oft kommen Frauen mit Blutungen zu uns auf den Notfall und wir sehen eine gesunde Schwangerschaft in der Gebärmutter. Leider ist diese Untersuchung nur eine Momentaufnahme. Gerne würden wir sagen, dass jetzt alles gut ist und auch so bleibt, aber das können wir leider nicht, denn auch wir können nicht in die Zukunft sehen. Was aber fast noch schlimmer ist, ist dass weder wir noch die Patientin etwas tun können um den Verlauf der Schwangerschaft zu verändern. Den bereits bei der Befruchtung wird das Schicksal der Schwangerschaft bestimmt. Wir empfehlen zwar unterstützende Massnahmen wie der Verzicht auf Geschlechtsverkehr, körperliche Schonung und die Einnahme von Magnesium. Eine Studie die beweist, dass dies den Verlauf der Schwangerschaft verändert, gibt es aber nicht. Und so bleibt leider nur Abwarten und positiv denken.
Die notfallmässige Vorstellung im Spital, ist aus der Sicht einer Notfallmedizinerin, bei einer menstruationsstarken Blutung in der Frühschwangerschaft, bei einer sich körperlich ansonsten wohlfühlenden, Rhesus positiven Patientin, kein Notfall. Es reicht aus unserer Sicht, dass sich die Patientin am nächsten Werktag bei ihrer Frauenärztin oder ihrer Klinik für einen Kontrolltermin meldet.
Ist die Blutung jedoch stärker als eine Menstruation, das heisst, das Blut läuft unkontrolliert die Beine herunter, dann ist es wichtig, dass sie sich in der nächsten Notfallstation, am besten mit einer integrierten Frauenklinik, meldet.
Und was ist, wenn man sich körperlich nicht wohl fühlt?
Sehr häufig berichten Patientinnen von krampfartigen, einer Menstruation ähnelnden Unterbauchschmerzen. Ziehende, krampfartige Unterbauchschmerzen können durch die sich dehnenden Bänder der wachsende Gebärmutter ausgelöst werden. Jedoch kann der Auslöser der Beschwerden auch die sich krampfartige zusammenziehende Gebärmutter sein, z.B. bei einer Fehlgeburt. Es gibt noch viel mehr oder weniger schwerwiegende Gründe für Unterbauchschmerzen. In einem nächsten Blogbeitrag werden wir näher auf die möglichen Ursachen von Unterbauschmerzen in der Schwangerschaft eingehen.
Falls bereits ein Ultraschall durchgeführt worden ist und die Frauenärztin eine Schwangerschaft in der Gebärmutter feststellen konnte und die Schmerzen mit einem Schmerzmittel (z.B. Dafalgan (Paracetamol) oder Magnesium) gut in den Griff zu bekommen sind, ist auch hier aus der Sicht einer Notfallmedizinerin keine sofortige Vorstellung nötig.
Doch warum sind aus Sicht von Frauenärzten solche Beschwerden wie Blutungen oder Bauschmerzen in der Frühschwangerschaft nicht unbedingt ein Notfall? Denn beides sind Symptome einer möglichen Fehlgeburt?
Und das ist leider das Traurige an einer Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft: Uns Ärzten sind die Hände bei einer bevorstehende Fehlgeburt gebunden. Es gibt keine Therapie, denn wie bereits erwähnt, ist es in den meisten Fällen ein Zeichen, dass beim sich entwickelten Kind ein schwerwiegender Defekt vorliegt, welche mit dem Leben nicht vereinbar ist. Für die Eltern natürlich nur ein kleiner Trost, denn ein positiver Schwangerschaftstest ist in den meisten Fällen mit viel Freude verbunden.
Ab der 3. Fehlgeburt ist davon auszugehen, dass nicht nur eine genetische Fehlbildung bei der Schwangerschaftsanlage verantwortlich sein kann für die Fehlgeburten, sondern vielleicht auch eine Grunderkrankung beim werdenden Mami im Hintergrund steht. Daher ist dann eine genauere Abklärung durch die Frauenärztin oder im Reproduktionszentrum zu empfehlen.
Wichtig zu betonen ist: Sie dürfen sich bei jeglichen Beschwerden in der Frühschwangerschaft immer bei uns melden! Wir Ärzte versuchen am Telefon so gut wie möglich einzuschätzen, ob wir ihre Beschwerden aus medizinischer Sicht als notfallmässig einschätzen (was teilweise sehr herausfordernd sein kann) oder ob es auch reicht, wenn sich sich zeitig bei ihrer Frauenärztin melden.